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Abbildung
3. Dieser Näpfchenstein wurde in der
Nähe von Uddel in der Gemeinde Apeldoorn (Niederlande)
gefunden. |
Wie wurden die Näpfchen
hergestellt und auf welchen Steinen finden wir sie?
Näpfchen wurden normalerweise durch Klopfen auf einen Stein
hergestellt. Es wird aber auch erwähnt, daß sie in
den Stein gemeißelt oder gebohrt wurden. Wir finden sie auf
allen Arten von Gesteinen mit unterschiedlicher Härte. Sie
kommen sogar auf Gesteinen mit der Härte 7 vor (auf der
Mohs-Härteskala, die von 1 bis 10 reicht). Bei Steinen mit der
Härte 7 mußten die Hersteller erhebliche
Anstrengungen unternehmen, um die Näpfchen herzustellen.
Für ein einzelnes Näpfchen wären
Zehntausende Hübe nötig gewesen. Bei weicheren
Gesteinen war der Aufwand deutlich geringer. Experimente zeigten,
daß sie je nach verwendeter Methode in wenigen Minuten
hergestellt werden konnten.
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Abbildung
4. Auf
einer der Decksteine
(rote Pfeile Foto oben)
vom Hünengrab D16 bei Balloo in der
Niederlande gibt es sechs Näpfchen. Diese Näpfchen
konnten wir nicht so gut sehen, denn der Stein war trocken (Foto links
oben). Aber mit etwas Wasser aus unserer Wasserflasche
wurden sie
besser sichtbar (rote Pfeile Foto
rechts unter). |
Wie alt sind
Näpfchensteine?
Die Datierung der einzelnen Näpfchen auf den
Näpfchensteinen ist oft schwierig. Die ältesten sind
dem Paläolithikum (der Altsteinzeit) zuzuordnen. Allerdings
stammen die meisten Näpfchen(Steine) aus der Jungsteinzeit und
in Skandinavien unter anderem überwiegend aus der Bronzezeit
(im Zusammenhang mit ihrem Erscheinen in den Felsgravuren aus dieser
Zeit), wir kennen sie aber auch aus späteren Perioden.
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Abbildung
5. Auf zwei der Decksteine
vom Hünengrab D32 bei Odoorn in der Niederlande gibt es
Näpfchen. Das Foto
linksoben zeigt auf welchen Steinen wir
diese
Näpfchen sehen können. Die Näpfchen auf dem
Deckstein
der Fotoreihe unten
sind mit etwas Wasser aus unserer
Wasserflasche
übergossen wodurch sie besser sichtbar wurden. Die
Näpfchen
sehen bei den verschiedenen Decksteinen etwas anders aus weil der eine
Stein grobkornig und der andere Stein etwas mehr feinkornig ist. GPS-Koordinaten: N
52°51.474' O 006°50.519' |
Wofür wurden
Näpfchensteine verwendet?
Über den genauen Zweck der Näpfchen ist nichts
Genaues bekannt. Da sie unterschiedliche Größen
haben und aus unterschiedlichen Zeiten bekannt sind, wurden sie
wahrscheinlich aus unterschiedlichen Gründen und für
unterschiedliche Zwecke hergestellt. Möglicherweise dienten
sie praktischen Zwecken wie der Zubereitung und Verarbeitung von
Lebensmitteln (z. B. als Mörser unter anderem zum Mahlen von
Pflanzensamen), zum Sammeln von Wasser (zur Heilung) und zum Mahlen von
Farbstoffen. Möglicherweise dienten sie aber auch rituellen
Zwecken. Und dann besteht die Möglichkeit, daß sie
geschaffen wurden, um astronomische Phänomene aufzuzeichnen.
Da hierfür jedoch häufig Belege fehlen, ist es
schwierig, für mehr Klarheit zu sorgen.
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Abbildung 6. Auf
einer der Randsteine vom Hünengrab D49 'De Papeloze Kerk'
bei
Schoonoord in der Niederlande gibt es zwei Näpfchen. Auch hier
werden die GPS-Koordinaten bestimmt (Foto
rechtsunten): N
52°49.208' O 006°46.433'. |
Opfergaben und Gewinnung von
Steinpulver für magische oder volksmedizinische Zwecke
Die Näpfchen dienten möglicherweise zum Auffangen von
Fett, Blut oder Honig. In diesem Fall könnte es sich um
Opfergaben an Götter oder Verstorbene handeln. Da
Näpfchen auch in vertikaler Position vorkommen, kann es sich
sicherlich nicht in allen Fällen um flüssige
Substanzen gehandelt haben. Es besteht auch die Möglichkeit,
daß die Näpfchen durch die Gewinnung von Steinpulver
entstanden sind, das für magische oder volksmedizinische
Zwecke verwendet wurde.
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Abbildung
7. Links
und Mitte: auf dem hinteren Stein (beim roten Pfeil)
von Hünengrab D12 bei Eext in der
niederländischen
Provinz Drenthe sehen wir zwei Reihen mit Näpfchen. GPS-Koordinaten: N
53°00.922' O 006°43.455' Rechts: Hünengrab
D2 bei Westervelde in Drenthe hat
auf dem
ersten Deckstein zwei Näpfchen (beim roten Pfeil). GPS-Koordinaten: N
53°03.342' O 006°26.750' |

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Abbildung
8. Die Hünengräber D3 und D4
bei Midlaren in der
niederländischen Provinz Drenthe liegen hintereinander bei
einem
kleinen ehemaligen Bauernhof. Um sie zu erreichen, folgen wir einem
schmalen Pfad zwischen den Hecken. Wir finden hier zwei
Näpfchen bei Hünengrab D3 (bei den roten
Pfeilen). GPS-Koordinaten: N
53°06.467' O 006°40.298' |

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Abbildung
9. Vor
allem auf dem kleinen
Deckstein (Fotos oben;
siehe rote Pfeil) des Großsteingrabs
'Teufelsbackofen' im Everstorfer Forst im Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern gibt es Näpfchen. Und auf dem Deckstein
und einen der Tragsteine vom Urdolmen von Neu Gaarz (Foto links
unter), auch in Mecklenburg-Vorpommern, gibt es insgesamt
zwanzig
Näpfchen. Auf dem Friedhof um die Kirche von Rinsumageest in
Friesland in der Niederlande liegen heutzutage noch zwei kleine
Näpfchensteine. Eine Frau die wir auf dem Friedhof begegnet
sind, sagte, es hätte früher mehr solcher
Näpfchensteine auf dem Friedhof gegeben. In diese
Näpfchen legte man damals Münzen als Opfergabe.
Frauen nahmen das Steinpulver aus den Näpfchen ein, in der
Hoffnung ein Kind zu bekommen. |
Historische Hinweise
Für beide Erklärungen wurden historische Beweise
gefunden. Es ist zum Beispiel bekannt, daß im 20. Jahrhundert
in Schweden unter großer Geheimhaltung von bestimmten
älteren Menschen Fett in die Näpfchen geschmiert
wurde, um Heilung von Krankheiten und Wunden zu bitten oder um
übernatürliche Kräfte zu
besänftigen. Auch im 20. Jahrhundert wurde an mehreren Orten
in Schottland und im Vereinigten Königreich zu bestimmten
Zeiten Milch in die Näpfchen gegossen, um Feen zu
besänftigen. Dies würde verhindern, daß sie
die Kühe so verhexten, daß sie keine Milch mehr
produzierten.Die Verwendung von magischem oder medizinischem
Steinpulver ist aus historischen Quellen bekannt und kommt auch in
unserer Zeit noch vor. Dieses Steinmehl wurde (und wird) für
die unterschiedlichsten Zwecke verwendet: um für eine gute
Ernte zu beten, indem es in kleinen Mengen auf die Felder gestreut
wurde, um das Vieh gesund zu halten, indem man es dem Futter beigab,
und durch den Menschen selbst um es zu heilen oder bestimmten
Krankheiten vorzubeugen. Bekannt ist auch das Auftragen von Steinpulver
auf Wunden. Weitere Informationen finden Sie auf dieser Webseite im
Artikel
Wetzrillen,
Pestrillen oder
Teufelskrallen: Steinmehl als Heilmittel?

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Abbildung 10. Die
Bargloyer
Steinkiste liegt nördlich von Bargloy bei Wildeshausen im
Bundesland Niedersachsen. Es ist ein megalithisches Grab von
ungefähr 2 x
1,5 Meter. Auf dem Deckstein gibt es etwa 25 Näpfchen. Die
roten
Pfeile zeigen die Schälchengruppen die wir bei den Fotos unter
links und in der Mitte genauer sehen. Unter rechts: der
Weg zum
megalithischen Grab. |
Verwendung als Mörser
Neben magischen und übernatürlichen
Verwendungsmöglichkeiten sind auch alltäglichere
Anwendungen von Näpfchen bekannt. In Küstengebieten
Schottlands wurden die Näpfchen neuerdings als Mörser
genutzt, in denen unter anderem Muscheln und Schnecken zerkleinert
wurden, um sie als Fischköder zu verwenden.

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Abbildung
11. Links:
Das Tregiffian Barrow oder Tregiffian
Burial
Chamber
ist ein megalithisches Grab in Cornwall, Großbritannien. Am
Eingang des Grabes liegt
eine Replik eines Näpfchensteins. Das Original liegt im Royal
Cornwall Museum
in Truro. Mitte und
rechts: Das Großsteingrab Driehauser
Steine
liegt südwestlich von Schwagstorf in Niedersachsen. Auf zwei
Decksteinen dieses Grabes gibt es Näpfchen. Auf dem hier
abgebildeten Deckstein (rechts)
kann man sie am besten sehen. Das
Foto in der Mitte zeigt uns um welchen Stein es geht. |
Ein Näpfchenstein und
eine heilige Quelle
Die deutsche Historikerin Renate Reuther machte uns auf die besondere
Beziehung zwischen einem Näpfchenstein (dem Heiligen Stein am
österreichischen Mitterretzbach) und einer Heilquelle
aufmerksam. Sie verwies auf die Wikipedia-Seite „Heiliger
Stein (Mitterretzbach)“ zu diesem Stein. Auf dieser Seite
können wir lesen, daß es sich bei diesem Stein um
einen Näpfchenstein handelt, der wahrscheinlich in
prähistorischen Zeiten als Kultstätte diente. Eine
örtliche Chronik erwähnt, daß eine Quelle
in der Nähe des Steins im Jahr 1647 einen Krüppel
heilte, nachdem er sich mit dem Wasser gewaschen hatte. Danach
wären weitere Heilungen erfolgt. Im Laufe der Zeit wurde das
Wasser als Mariawasser bekannt und es entstand der Wallfahrtsort
„Unsere Liebe Frau am Stein“. An der Quelle wurde
die Kapelle Maria am Stein errichtet. Im Jahr 1750 wurde sogar eine
echte Wallfahrtskirche gebaut, in der die Gläubigen
Quellwasser erhalten konnten. Diese Kirche existiert nicht mehr, aber
nach einer Ausgrabung der Fundamente im Jahr 1995 wurden ihre Konturen
in der Landschaft markiert. Neben diesen Konturen ist der Heilige Stein
liegend zu erkennen. Es gilt heute als Naturdenkmal.

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Abbildung
12. Auch
bei den Felsgravuren in Schweden stoßen wir auf
Näpfchen. Sie sind oft Teil eines größeren
Ganzen. Das Foto rechts zeigt die vom Gletschereis abgenutzten Felsen,
auf denen solche Gravuren häufig angefertigt werden. Die roten
und weißen Farben wurden kürzlich aufgetragen, um
die Gravuren besser sichtbar zu machen. |
Zusamenfassend
Die Verwendung der Näpfchen und die damit verbundenen
Glaubensvorstellungen dürften nicht überall gleich
gewesen sein. Dies könnte von Region zu Region unterschiedlich
sein. Darüber hinaus ist es natürlich nicht
sicher, daß die uns aus historischen Zeiten bekannten
Bräuche immer dieselben waren und seit der Entstehung der
Näpfchen bestehen. Überzeugungen, Rituale, die soziale
Organisation von Gemeinschaften und dergleichen können im Laufe
der Jahrtausende möglicherweise erheblich verändert sein.
Leider ist vieles rund um die
Näpfchensteine aus ferner Vergangenheit noch unbekannt und
gibt daher oft Anlaß zu Spekulationen.
Veröffentlichungen hierzu zeigen, daß die
Vorstellungen über den Ursprung und die Funktion der
Näpfchensteine in viele Richtungen gehen.
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Afbeelding
13. Auch bei den Felsgravuren in
Norwegen stoßen wir auf Näpchen. Sie sind oft Teil
eines größeren Ganzen. Die roten Farbe wurde
kürzlich aufgetragen, um die
Gravuren besser sichtbar zu machen. |
Für diejenigen, die mehr
über Näpfchensteine erfahren möchten,
könnten die folgenden Werke (in zufällige
Reihenfolge) interessant sein. Diese Werke wurden auch verwendet, um
diesen Artikel über Näpchensteine oder Schalensteine
zu schreiben.
•
Cupules
in Cuba: a review von Yasmani Caballos-Izquierdo et al.,
erschien
im November 2023 in Rock Art
Research, Band 40, Nummer 2.
•
Wikipedia-Artikel:
cupstone (englische Version vom 23.
August
2024) – napjessteen
(niederländische Version vom 23.
August
2024) – Heiliger
Stein Mitterretzbach (Version vom 16. April
2024).
•
Kultstätten
und Opferplätze in Deutschland
von Martin
Kuckenburg erschien bei Anaconda
Verlag (Köln 2014).
•
Monumenten
uit de oertijd von Felix R. Paturi erschien bei Uitgeverij
Ankh-Hermes (Deventer 1978).
•
Cupstone
excavation by the University of Innsbruck,
Municipality
of Ellbögen-Tarzens, Austria von Thomas
Wally-Knofler
(Österreichisches Cupstone-Forschungsteam) erschien in Pleistocene
Coalition News, Band 16, Ausgabe 2, März-April
2024.
•
Representations
of calendars and time at Göbekli
Tepe and
Karahan Tepe support an astronomical interpretation of their symbolism
von Martin B. Sweatman, erschien in Time
& Mind, dem Journal
of
Archaeology, Consciousness and Culture. Es wurde am 24. Juli 2024
online veröffentlicht.
•
Na
de vondst van de napjessteen von Masja Parlevliet und
Janneke Zuyderwyk wurde 2012 von der Gemeinde Apeldoorn als SAGA-Rapport
1 veröffentlicht.
•
Cupmarks
von Christian Horn erschien in Adoranten
2015.
Adoranten ist eine Publikation, die vom Tanums
Hällristningsmuseum
Underslös in Schweden herausgegeben wird.
•
Possible
sources of therapeutic stone powder from North West
Europe von Jan Weertz, Els Weertz und C.J. Duffin erschien
im Pharmaceutical
Historian vom British Society for the History of
Pharmacy, Bd. 44, Nr. 2, Juni 2014.
•
Krabsporen
– steenpoeder als geneesmiddel? von Jan
und Els
Weertz ist eine Broschüre, die
als PDF auf dieser Website
verfügbar ist.
Tekst: Jan
Weertz
Fotos Abbildung 2: Wim
Mulder
Sonstige Fotos: Jan und Els Weertz