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Näpfchensteine oder Schälchensteine

(Cup Marks)

Was sind Näpfchensteine?
Näpfchensteine oder Schälchensteine sind Steine, in denen ein oder mehrere von Menschen gemachte, mehr oder weniger runde, schalenförmige Hohlräume vorkommen. Bei diesen Hohlräumen handelt es sich häufig um Grübchen mit einem Durchmesser von ein paar bis zehn Zentimetern. Es sind aber auch größere Exemplare bekannt. Sie werden auch Schälchen genannt. Wir finden sie auf festen Felsen (oft vom Eis abgetragen), auf großen Felsblöcken, auf Menhiren und auf den Tragesteine und Decksteinen von Megalithgräbern. Im Allgemeinen handelt es sich bei diesen Megalithgräbern um Findlinge. Aber auch auf kleineren, teilweise nur faustgroßen Steinen und sogar auf Steinäxten aus prähistorischer Zeit treten Näpfchen auf, so daß es sich bei diesen Steinen möglicherweise um Näpfchensteine handeln könnte.

Näpfchenstein Bippen Näpfchenstein Schweden
Abbildung 1. Dieser sogenannte Teufelsstein südöstlich von Bippen im Bundesland Niedersachsen liegt gleich neben dem Großsteingrab Restrup. Er hat 66 Näpfchen. Der heutige Standort dieses großen Findlings ist aber nicht der Fundort: dieser liegt dreiviertel Kilometer entfernt. Abbildung 2. Einer der vielen Näpfchensteine ​​aus Schweden. Dieser Stein liegt südöstlich von Gamleby in der Provinz (in schwedischer Sprache 'landskap') Småland. Die Fotos wurden von Wim Mulder aus Apeldoorn zur Verfügung gestellt.

Wo finden wir Näpfchensteine?
Näpfchensteine kommen nicht nur fast überall in Europa vor. Auch aus anderen Teilen der Welt kennen wir sie in großer Zahl. Wir finden sie sowohl in Küstengebieten als auch tief im Landesinneren. Dort finden wir sie nicht nur im Flachland, sondern auch im Gebirge.

Näpfchenstein Apeldoorn
Abbildung 3. Dieser Näpfchenstein wurde in der Nähe von Uddel in der Gemeinde Apeldoorn (Niederlande) gefunden.

Wie wurden die Näpfchen hergestellt und auf welchen Steinen finden wir sie?
Näpfchen wurden normalerweise durch Klopfen auf einen Stein hergestellt. Es wird aber auch erwähnt, daß sie in den Stein gemeißelt oder gebohrt wurden. Wir finden sie auf allen Arten von Gesteinen mit unterschiedlicher Härte. Sie kommen sogar auf Gesteinen mit der Härte 7 vor (auf der Mohs-Härteskala, die von 1 bis 10 reicht). Bei Steinen mit der Härte 7 mußten die Hersteller erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die Näpfchen herzustellen. Für ein einzelnes Näpfchen wären Zehntausende Hübe nötig gewesen. Bei weicheren Gesteinen war der Aufwand deutlich geringer. Experimente zeigten, daß sie je nach verwendeter Methode in wenigen Minuten hergestellt werden konnten.

Näpfchenstein Näpfchen Balloo Drenthe
Abbildung 4. Auf einer der Decksteine (rote Pfeile Foto oben) vom Hünengrab D16 bei Balloo in der Niederlande gibt es sechs Näpfchen. Diese Näpfchen konnten wir nicht so gut sehen, denn der Stein war trocken (Foto links oben). Aber mit etwas Wasser aus unserer Wasserflasche wurden sie besser sichtbar (rote Pfeile Foto rechts unter).

Wie alt sind Näpfchensteine?
Die Datierung der einzelnen Näpfchen auf den Näpfchensteinen ist oft schwierig. Die ältesten sind dem Paläolithikum (der Altsteinzeit) zuzuordnen. Allerdings stammen die meisten Näpfchen(Steine) aus der Jungsteinzeit und in Skandinavien unter anderem überwiegend aus der Bronzezeit (im Zusammenhang mit ihrem Erscheinen in den Felsgravuren aus dieser Zeit), wir kennen sie aber auch aus späteren Perioden.

Näpfchenstein Näpfchen Odoorn Drenthe
Abbildung 5. Auf zwei der Decksteine vom Hünengrab D32 bei Odoorn in der Niederlande gibt es Näpfchen. Das Foto linksoben zeigt auf welchen Steinen wir diese Näpfchen sehen können. Die Näpfchen auf dem Deckstein der Fotoreihe unten sind mit etwas Wasser aus unserer Wasserflasche übergossen wodurch sie besser sichtbar wurden. Die Näpfchen sehen bei den verschiedenen Decksteinen etwas anders aus weil der eine Stein grobkornig und der andere Stein etwas mehr feinkornig ist. GPS-Koordinaten: N 52°51.474' O 006°50.519'

Wofür wurden Näpfchensteine verwendet?
Über den genauen Zweck der Näpfchen ist nichts Genaues bekannt. Da sie unterschiedliche Größen haben und aus unterschiedlichen Zeiten bekannt sind, wurden sie wahrscheinlich aus unterschiedlichen Gründen und für unterschiedliche Zwecke hergestellt. Möglicherweise dienten sie praktischen Zwecken wie der Zubereitung und Verarbeitung von Lebensmitteln (z. B. als Mörser unter anderem zum Mahlen von Pflanzensamen), zum Sammeln von Wasser (zur Heilung) und zum Mahlen von Farbstoffen. Möglicherweise dienten sie aber auch rituellen Zwecken. Und dann besteht die Möglichkeit, daß sie geschaffen wurden, um astronomische Phänomene aufzuzeichnen. Da hierfür jedoch häufig Belege fehlen, ist es schwierig, für mehr Klarheit zu sorgen.

Näpfchenstein Näpfchen D49 Papeloze Kerk Schoonoord
Abbildung 6. Auf einer der Randsteine vom Hünengrab D49 'De Papeloze Kerk' bei Schoonoord in der Niederlande gibt es zwei Näpfchen. Auch hier werden die GPS-Koordinaten bestimmt (Foto rechtsunten)N 52°49.208' O 006°46.433'.

Opfergaben und Gewinnung von Steinpulver für magische oder volksmedizinische Zwecke 
Die Näpfchen dienten möglicherweise zum Auffangen von Fett, Blut oder Honig. In diesem Fall könnte es sich um Opfergaben an Götter oder Verstorbene handeln. Da Näpfchen auch in vertikaler Position vorkommen, kann es sich sicherlich nicht in allen Fällen um flüssige Substanzen gehandelt haben. Es besteht auch die Möglichkeit, daß die Näpfchen durch die Gewinnung von Steinpulver entstanden sind, das für magische oder volksmedizinische Zwecke verwendet wurde.

Näpfchenstein Näpfchen
Abbildung 7. Links und Mitte: auf dem hinteren Stein (beim roten Pfeil) von Hünengrab D12 bei Eext in der niederländischen Provinz Drenthe sehen wir zwei Reihen mit Näpfchen. GPS-Koordinaten: N 53°00.922' O 006°43.455' Rechts: Hünengrab D2 bei Westervelde in Drenthe hat auf dem ersten Deckstein zwei Näpfchen (beim roten Pfeil). GPS-Koordinaten: N 53°03.342' O 006°26.750'

Näpfchenstein Näpfchen Midlaren Drenthe
Abbildung 8. Die Hünengräber D3 und D4 bei Midlaren in der niederländischen Provinz Drenthe liegen hintereinander bei einem kleinen ehemaligen Bauernhof. Um sie zu erreichen, folgen wir einem schmalen Pfad zwischen den Hecken. Wir finden hier zwei Näpfchen bei Hünengrab D3 (bei den roten Pfeilen).  GPS-Koordinaten: N 53°06.467' O 006°40.298'

Näpfchenstein Näpfchen
Abbildung 9. Vor allem auf dem kleinen Deckstein (Fotos oben; siehe rote Pfeil) des Großsteingrabs 'Teufelsbackofen' im Everstorfer Forst im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gibt es Näpfchen. Und auf dem Deckstein und einen der Tragsteine vom Urdolmen von Neu Gaarz (Foto links unter), auch in Mecklenburg-Vorpommern, gibt es insgesamt zwanzig Näpfchen. Auf dem Friedhof um die Kirche von Rinsumageest in Friesland in der Niederlande liegen heutzutage noch zwei kleine Näpfchensteine. Eine Frau die wir auf dem Friedhof begegnet sind, sagte, es hätte früher mehr solcher Näpfchensteine auf dem Friedhof gegeben. In diese Näpfchen legte man damals Münzen als Opfergabe. Frauen nahmen das Steinpulver aus den Näpfchen ein, in der Hoffnung ein Kind zu bekommen.

Historische Hinweise
Für beide Erklärungen wurden historische Beweise gefunden. Es ist zum Beispiel bekannt, daß im 20. Jahrhundert in Schweden unter großer Geheimhaltung von bestimmten älteren Menschen Fett in die Näpfchen geschmiert wurde, um Heilung von Krankheiten und Wunden zu bitten oder um übernatürliche Kräfte zu besänftigen. Auch im 20. Jahrhundert wurde an mehreren Orten in Schottland und im Vereinigten Königreich zu bestimmten Zeiten Milch in die Näpfchen gegossen, um Feen zu besänftigen. Dies würde verhindern, daß sie die Kühe so verhexten, daß sie keine Milch mehr produzierten.Die Verwendung von magischem oder medizinischem Steinpulver ist aus historischen Quellen bekannt und kommt auch in unserer Zeit noch vor. Dieses Steinmehl wurde (und wird) für die unterschiedlichsten Zwecke verwendet: um für eine gute Ernte zu beten, indem es in kleinen Mengen auf die Felder gestreut wurde, um das Vieh gesund zu halten, indem man es dem Futter beigab, und durch den Menschen selbst um es zu heilen oder bestimmten Krankheiten vorzubeugen. Bekannt ist auch das Auftragen von Steinpulver auf Wunden. Weitere Informationen finden Sie auf dieser Webseite im Artikel Wetzrillen, Pestrillen oder Teufelskrallen: Steinmehl als Heilmittel?

De Bargloyer Steinkiste mit Näpfchenstein Näpfchen bij Wildeshausen
Abbildung 10. Die Bargloyer Steinkiste liegt nördlich von Bargloy bei Wildeshausen im Bundesland Niedersachsen. Es ist ein megalithisches Grab von ungefähr 2 x 1,5 Meter. Auf dem Deckstein gibt es etwa 25 Näpfchen. Die roten Pfeile zeigen die Schälchengruppen die wir bei den Fotos unter links und in der Mitte genauer sehen. Unter rechts: der Weg zum megalithischen Grab.

Verwendung als Mörser
Neben magischen und übernatürlichen Verwendungsmöglichkeiten sind auch alltäglichere Anwendungen von Näpfchen bekannt. In Küstengebieten Schottlands wurden die Näpfchen neuerdings als Mörser genutzt, in denen unter anderem Muscheln und Schnecken zerkleinert wurden, um sie als Fischköder zu verwenden.

Näpfchenstein Näpfchen cupstone Tregiffian Burial Chamber
Abbildung 11. Links: Das Tregiffian Barrow oder Tregiffian Burial Chamber ist ein megalithisches Grab in Cornwall, Großbritannien. Am Eingang des Grabes liegt eine Replik eines Näpfchensteins. Das Original liegt im Royal Cornwall Museum in Truro. Mitte und rechts: Das Großsteingrab Driehauser Steine liegt südwestlich von Schwagstorf in Niedersachsen. Auf zwei Decksteinen dieses Grabes gibt es Näpfchen. Auf dem hier abgebildeten Deckstein (rechts) kann man sie am besten sehen. Das Foto in der Mitte zeigt uns um welchen Stein es geht.

Ein Näpfchenstein und eine heilige Quelle
Die deutsche Historikerin Renate Reuther machte uns auf die besondere Beziehung zwischen einem Näpfchenstein (dem Heiligen Stein am österreichischen Mitterretzbach) und einer Heilquelle aufmerksam. Sie verwies auf die Wikipedia-Seite „Heiliger Stein (Mitterretzbach)“ zu diesem Stein. Auf dieser Seite können wir lesen, daß es sich bei diesem Stein um einen Näpfchenstein handelt, der wahrscheinlich in prähistorischen Zeiten als Kultstätte diente. Eine örtliche Chronik erwähnt, daß eine Quelle in der Nähe des Steins im Jahr 1647 einen Krüppel heilte, nachdem er sich mit dem Wasser gewaschen hatte. Danach wären weitere Heilungen erfolgt. Im Laufe der Zeit wurde das Wasser als Mariawasser bekannt und es entstand der Wallfahrtsort „Unsere Liebe Frau am Stein“. An der Quelle wurde die Kapelle Maria am Stein errichtet. Im Jahr 1750 wurde sogar eine echte Wallfahrtskirche gebaut, in der die Gläubigen Quellwasser erhalten konnten. Diese Kirche existiert nicht mehr, aber nach einer Ausgrabung der Fundamente im Jahr 1995 wurden ihre Konturen in der Landschaft markiert. Neben diesen Konturen ist der Heilige Stein liegend zu erkennen. Es gilt heute als Naturdenkmal.

Näpfchenstein Näpfchen Felsgravuren Schweden
Abbildung 12. Auch bei den Felsgravuren in Schweden stoßen wir auf Näpfchen. Sie sind oft Teil eines größeren Ganzen. Das Foto rechts zeigt die vom Gletschereis abgenutzten Felsen, auf denen solche Gravuren häufig angefertigt werden. Die roten und weißen Farben wurden kürzlich aufgetragen, um die Gravuren besser sichtbar zu machen.

Zusamenfassend
Die Verwendung der Näpfchen und die damit verbundenen Glaubensvorstellungen dürften nicht überall gleich gewesen sein. Dies könnte von Region zu Region unterschiedlich sein. Darüber hinaus ist es natürlich nicht sicher, daß die uns aus historischen Zeiten bekannten Bräuche immer dieselben waren und seit der Entstehung der Näpfchen bestehen. Überzeugungen, Rituale, die soziale Organisation von Gemeinschaften und dergleichen können im Laufe der Jahrtausende möglicherweise erheblich verändert sein. Leider ist vieles rund um die Näpfchensteine aus ferner Vergangenheit noch unbekannt und gibt daher oft Anlaß zu Spekulationen. Veröffentlichungen hierzu zeigen, daß die Vorstellungen über den Ursprung und die Funktion der Näpfchensteine in viele Richtungen gehen.

Näpfchenstein Näpfchen Felsgravuren Norwegen
Afbeelding 13.  Auch bei den Felsgravuren in Norwegen stoßen wir auf Näpchen. Sie sind oft Teil eines größeren Ganzen. Die roten Farbe wurde kürzlich aufgetragen, um die Gravuren besser sichtbar zu machen.

Für diejenigen, die mehr über Näpfchensteine erfahren möchten, könnten die folgenden Werke (in zufällige Reihenfolge) interessant sein. Diese Werke wurden auch verwendet, um diesen Artikel über Näpchensteine oder Schalensteine zu schreiben.

Cupules in Cuba: a review von Yasmani Caballos-Izquierdo et al., erschien im November 2023 in Rock Art Research, Band 40, Nummer 2. 

Wikipedia-Artikel: cupstone (englische Version vom 23. August 2024) – napjessteen (niederländische Version vom 23. August 2024) – Heiliger Stein Mitterretzbach (Version vom 16. April 2024). 

Kultstätten und Opferplätze in Deutschland von Martin Kuckenburg erschien bei Anaconda Verlag (Köln 2014). 

Monumenten uit de oertijd von Felix R. Paturi erschien bei Uitgeverij Ankh-Hermes (Deventer 1978). 

Cupstone excavation by the University of Innsbruck, Municipality of Ellbögen-Tarzens, Austria von Thomas Wally-Knofler (Österreichisches Cupstone-Forschungsteam) erschien in Pleistocene Coalition News, Band 16, Ausgabe 2, März-April 2024. 

Representations of calendars and time at Göbekli Tepe and Karahan Tepe support an astronomical interpretation of their symbolism von Martin B. Sweatman, erschien in Time & Mind, dem Journal of Archaeology, Consciousness and Culture. Es wurde am 24. Juli 2024 online veröffentlicht. 

Na de vondst van de napjessteen von Masja Parlevliet und Janneke Zuyderwyk wurde 2012 von der Gemeinde Apeldoorn als SAGA-Rapport 1 veröffentlicht. 

Cupmarks von Christian Horn erschien in Adoranten 2015. Adoranten ist eine Publikation, die vom Tanums Hällristningsmuseum Underslös in Schweden herausgegeben wird. 

Possible sources of therapeutic stone powder from North West Europe von Jan Weertz, Els Weertz und C.J. Duffin erschien im Pharmaceutical Historian vom British Society for the History of Pharmacy, Bd. 44, Nr. 2, Juni 2014. 

Krabsporen – steenpoeder als geneesmiddel? von Jan und Els Weertz ist eine Broschüre, die als PDF auf dieser Website verfügbar ist.

Tekst: Jan Weertz 
Fotos Abbildung 2: Wim Mulder 
Sonstige Fotos: Jan und Els Weertz

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